Michael Scholz gestorben

Bereits am 16. Februar 2021 ist der von uns hochgeschätzte Michael Scholz verstorben. Sein Name ist untrennbar mit der Multifamilientherapie verbunden.


Der leidenschaftliche Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Psychotherapeut und Familientherapeut Michael Scholz war von 1994 bis 2007 Direktor für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie als Direktor an der Technischen Universität Dresden. Hier baute er eine Klinik und Poliklinik auf, die sich den Prinzipien der systemischen Therapie verschrieb. Als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie engagierte er sich 1995 bis 2001 für eine Stärkung der Rolle der Familientherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und für deren Anerkennung als Therapieverfahren.


Im internationalen Austausch mit anderen Familientherapeuten, besonders mit seinem Freund Eia Asen, entwickelte er familientherapeutische Ansätze entscheidend weiter. Seine gesamte Tätigkeit war geprägt davon, die Kinder- und Jugendpsychiatrie den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien anzupassen. Deshalb gründete er 1998 die Familientagesklinik für emotional und sozial gestörte Kinder, die erste dieser Art in Deutschland. Die hier gemachten positiven Erfahrungen führten zur Entwicklung des Konzepts der Familientagesklinik für Essgestörte. Diese Behandlungsform war so erfolgreich, dass sie international viele Nachahmer fand, so das Maudsley Hospital in London sowie Kliniken in Dänemark, der Schweiz und den Niederlanden. Im Juni 2011 gründete er gemeinsam mit Maud Rix und Katja Scholz das Dresdener Institut für Multifamilientherapie, Mehrfamilienarbeit und Familienberatung Multifamilientherapie institut dresden.


Michael Scholz’ Anliegen war es immer, seine Konzepte und Erfahrungen freigiebig zu teilen, was 2009 in dem gemeinsam mit Eia Asen verfassten Buch „Praxis der Multifamilientherapie“ mündete. In der folgenden Dekade fand die Methode nicht nur zunehmend internationale Stützpunkte, sie erweiterte auch in immer mehr therapeutischen, pädagogischen und sozialen Bereichen das Repertoire von professionellen Helfern in der Arbeit mit Familien. Das umfangreiche „Handbuch der Multifamilientherapie“, das Michael Scholz 2017 mit seinen Mitarbeitern und Eia Asen zusammenstellte, zeugt davon.


Michael Scholz ließ uns diese Entwicklung „live“ mitverfolgen. „Ja, hier Scholz, Dresden!“, so begannen seine Anrufe im Lektorat, und dann folgten kurze Berichte über den aktuellen Stand der Multifamilientherapie. In diesen Telefonaten offenbarten sich auch einige der Erfolgsgeheimnisse der Methode: ansteckende Begeisterung, große Menschenfreundlichkeit und Respekt vor den Bemühungen der Familien, mit ihren Schicksalen und Problemen zurecht zu kommen (eine Haltung, die, nebenbei bemerkt, für beide Urheber der Methode gilt).


Es überrascht insofern nicht, dass Michael Scholz neben seinen zahlreichen beruflichen Verpflichtungen immer Zeit fand, humanitäre Hilfe zu organisieren. Unmittelbar nach dem politischen Zusammenbruch in Osteuropa führte er in Eigeninitiative eine Vielzahl von Hilfstransporten vor allem nach Bulgarien durch. Später war er als Medizinkoordinator eines EU-Hilfsprojekts zur medizinischen Hilfe für Waisenkinder in Bulgarien tätig.


Die Multifamilientherapie wird sich weiter entwickeln und vielen Familien helfen, Ihre Probleme zu bewältigen. Die Anrufe von Michael Scholz allerdings, sie werden uns fehlen.


Dr. Ralf Holtzmann im Namen des gesamten Carl-Auer Verlages.