autobahnuniversität / Jürg Willi - Das Zusammenspiel von Partnern
Kaum ein anderer ist so bekannt und einflussreich, wenn es um das Verständnis von Paardynamiken geht, wie der Schweizer Psychoanalytiker, Paartherapeut und Entwickler der ökologischen Psychotherapie Jürg Willi. Bei den Lindauer Psychotherapiewochen 1995 hielt Jürg Willi diesen Vortrag, den die Autobahnuniversität dokumentierte.
Willi beginnt mit einer Definition des von ihm begründeten Konzepts der Kollusion als pathologischer Form von Koevolution. Es handele sich dabei um ein unbewusstes Zusammenspiel von Partnern auf der Basis korrespondierender Beziehungsängste und Beziehungsdefizite. Das Erleben von Nähe und Unentbehrlichkeit basiere auf wechselseitigen Übergriffen in Autonomie und Selbstverantwortung und unbewusster Verbundenheit durch ähnlich gelagerte Ängste und Beziehungswünsche.
Bestimmte Faktoren der Partnerwahl enthalten den Kern dessen, was sich später zu einer Kollusion entwickelt. Sie stehen häufig in Bezug zu Konflikten mit den eigenen Eltern, die übertragen werden auf den Versuch, in der Partnerschaft Gegenläufiges zu leben. Nicht nur frühkindliche Erfahrungen spielen eine Rolle, sondern auch spätere Erfahrungen wie z. B. zuvor gescheiterte Partnerschaften.
Das wichtigste Leitbild für eigene Vorstellungen von Partnerschaft entwickele sich in Pubertät und Adoleszenz und der Phase kritischer Ablösung von den Eltern. Es bilden sich daraus die unbewusste Favorisierung einer regressiven oder progressiven Rollenposition in der Paarentwicklung. Von dort ausgehend, illustriert Willi die Beobachtungsbegrifflichkeiten über die ausführliche Betrachtung eines Fallbeispiels, aus dem die kollusiven Dynamiken deutlich werden. Abschließend wird der Unterschied von Kollusion und Koevolution herausgearbeitet, mit Kollusion als eher pathologischer Form der Koevolution, und mit Hinweisen zu den Voraussetzungen für eine Koevolution, die gelingende Partnerschaft fördern kann.
Jürg Willi (1934 - 2019) war Arzt und Psychoanalytiker in Zürich. Er war der erste, der im deutschsprachigen Raum Paartherapien durchführte und beeinflusste die Entwicklung paardynamischer Konzepte maßgeblich - sowohl im professionellen Raum wie weit darüber hinausgehend – u. a. durch die von ihm eingeführten Begrifflichkeiten Kollusion, Koevolution, wirkungsgeleiteter Lebenslauf, persönliche Nische und ökologische Psychotherapie.
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