Inflationierte Gesichter

Einer meiner Wünsche für das neue Jahr ist: Ich will in diesem Jahr auf keinen Fall mehr Iris Berben oder Christiane Hörbiger sehen.


Was die Erfüllung dieses Wunsches angeht, so bin ich recht zuversichtlich, schließlich habe ich es ja in der Hand, Filme mit Iris Berben (z.B. Buddenbrooks) oder der Hörbiger zu meiden.


Der Grund für meinen Wunsch ist, dass ich beider einfach überdrüssig bin. Ich habe die zu oft für ein einziges menschliches Leben gesehen. Das geht mir bei manch anderen Medienprofis ähnlich: Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann wären hier zu nennen. Nicht dass ich die tatsächlich so oft sehe, aber sie begegnen mir beim Durchzappen öfter als mir lieb ist...


Woher stammt dieser Überdruss? frage ich mich. Denn bei Nachrichtensprecherinnen und -sprechern, die ich weit öfter sehe als die genannten Personen, geht mir das nicht so.


Nach längerem Grübeln ist mir der Grund klar geworden. Nachrichtensprecher drängen sich als Personen nicht in den Vordergrund. Ich weiss über ihr Privatleben nichts, und wir - sie und ich - sind uns auch einig darüber, dass mich das nichts angeht. Sie müssen mich nicht als Individuen mit ihren unverwechselbaren Eigenschaften interessieren... und sie tun das auch nicht. Die Inhalts- oder Sachebene der Kommunikation hat eindeutig Vorrang vor der Beziehungs- oder Sozialdimension.


Bei Iris Berben und Christiane Hörbiger scheint mir hingegen, dass sie - welche Rolle sie auch immer spielen mögen - nur sich selbst darstellen. Es macht überhaupt keinen Unterschied, sie schauen, lächeln, grimassieren (was auch immer) stets auf dieselbe Art, und man fragt nachher nie: Wer hat denn die XY gespielt?, sondern immer nur: Wen hat denn die Berben/Hörbiger gespielt?


Dieselbe Umkehrung der Prioritätensetzung ist bei Kerner und Beckmann zu beobachten: Die Interview-Partner sind immer nur Vorwand für die Selbstdarstellung des Interviewers. Sie sind an ihren Gesprächspartnern offenbar nicht wirklich interessiert. Sie spielen immer nur die Rolle des Interviewers - und die spielen sie schlecht. Man fragt sich: Hat Kerner/Beckmann gestern eine Talkshow moderiert oder ein Fussballspiel kommentiert? Macht keinen Unterschied.


Die Idee der inflationierten Präsentation bestimmter Stars soll wohl so etwas wie ein Familiengefühl erzeugen. Funktioniert (zumidnest bei mir) nicht. Ganz im Gegenteil.