„Machtwort“ oder: Die Erfindung des Hierarchen

Das sogenannte Machtwort des Bundeskanzlers illustriert in wunderbarer Weise die Funktion der Hierarchie (es sei allen Menschen, die in naiver Weise deren Abschaffung - z.B. in Organisationen - fordern, zum Studium empfohlen).

Ausgangslage ist ein Konflikt, in dem zwei Seiten miteinander um eine Entscheidung ringen. Sie streiten sich, weil sie meinen oder zumindest behaupten, gute Gründe für ihre Handlungs-Option zu haben. Daher rückt keiner von seiner Position ab. Da/Wenn nur gemeinsam gehandelt werden kann (als Organisation/als Regierung usw.), ist die Folge eine Blockierung der Entscheidung. Solange der Konflikt gärt, kommt es zum Stillstand, zur Oszillation im ermüdenden Hin und Her der Argumenten mit einer frustrierenden Lähmung.

An dieser Stelle kommt die Hierarchie ins Spiel. Wenn es den Hierarchen/die Hierarchin bis dahin noch nicht gibt, wird er oder sie erfunden! So kann man sich die Entstehung von Hierarchie ja generell erklären: als Herstellung von Entscheidungsfähigkeit.

Der Vorteil eines Machtworts bzw. der Rolle und Funktion der Hierarchie und der formalen Macht ist, dass keiner der Kontrahenten des Konflikts von seiner Position abgehen muss. Jeder kann das Gesicht wahren - zumindest wenn die Reihe der Entscheidungen über die Zeit keine dauerhaften Gewinner und Verlierer produziert. Dann kann auch im Einzelfall akzeptiert werden, sich nicht durchgesetzt zu haben. Wenn die Entscheidung der Hierarchie (ist ja nicht unbedingt gebunden an eine Person oder Rolle, sondern kann auch durch ein Entscheidungsverfahren ersetzt werden) dann auch noch als Kompromiss erlebt oder verkauft werden kann, dann ist einen hierarchische Entscheidung Frieden stiftend…