Management der Unternehmerfamilie – „Kümmern“ als Doing Business Family

Der zehnte Schritt der WIFU-Familienstrategieentwicklung


Hinter einem erfolgreichen Familienunternehmen steht eine Unternehmerfamilie, die es schafft, ihre innerfamiliären Spannungsfelder in passender Weise zu balancieren, erfolgreich an ihrem Zusammenhalt zu arbeiten sowie das für Unternehmen und Familie passende Auftreten nach innen und außen zu realisieren. In einer eher betriebswirtschaftlich orientierten Sprache könnten wir alle entsprechenden Aktivitäten als „Familienmanagement“ bezeichnen. Mit einem Begriff aus der modernen Familiensoziologie nenne ich dieses Management Doing Family[1] bzw. – bereits mit dem Hinweis, dass es hier um Unternehmerfamilien geht: um Doing Business Family.[2]


Die Verständigung über das Doing Business Family sollte mindestens der Inhalt des zehnten Schrittes der Familienstrategieentwicklung sein. Hier geht es also darum sicherzustellen, dass kontinuierlich am Gelingen der Kommunikation innerhalb der Unternehmerfamilie gearbeitet wird.[3] Mit dem Doing Family-Ansatz stehen dabei drei Aufgaben im Mittelpunkt, die bereits oben anklangen, und zwar erstens das Balancemanagement innerhalb der Familie, zweitens das Schaffen von Zusammenhalt und drittens das Displaying Family. Alle drei Schritte werden im Folgenden beschrieben und in Richtung Unternehmerfamilie knapp weitergedacht.



  • Mit Balancemanagement sind alle Aktivitäten gemeint, mit denen die unterschiedlichen Bedürfnisse innerhalb der Familie gesehen und anerkannt sowie so gut wie möglich realisiert werden. Mit einem expliziten Fokus auf die Unternehmerfamilie könnten wir hier auch die Balance zwischen familiären, eigentumsrechtlichen und unternehmerischen Erwartungen als zentrale Aufgabe dieses Schrittes benennen. Diese Erwartungen zeigen sich möglicherweise als unterschiedliche Formen der Inanspruchnahme von einzelnen Familienmitgliedern, die mehrere Rollen innehaben, z.B. im Unternehmen, im Eigentümerkreis und in der Familie. Die Herausforderung besteht darin, die Rollen sowohl in ihrer Unterschiedlichkeit und je spezifischen Erwartungsstruktur zu beachten als auch eine Integration der Differenzen zwischen diesen zu erreichen.

  • Mit Schaffen von Zusammenhalt ist die Arbeit an der familiären Identität angesprochen. Je größer eine Familie wird, desto wichtiger ist es, den Zusammenhalt aktiv herzustellen. Das gelingt beispielsweise über gemeinsam geteilte Zeiten, über Orte der Identifikation sowie über das Erzählen von Geschichten zur Familie sowie den Besonderheiten und Leistungen einzelner Familienmitglieder, etwa im Kontext des Familienunternehmens. Gerade in wachsenden Unternehmerfamilien, die aus mehreren Kleinfamilien bestehen, ist es wichtig, Zeiten und Orte zu schaffen, die immer wieder Anlass geben zusammen zu kommen. Das können regelmäßige Familientage an einem familiären Stammsitz sein, der vielleicht extra für solche Treffen geschaffen wurde. Es könnten aber auch interessenspezifische Veranstaltungen sein, die nicht unbedingt alle Familienmitglieder ansprechen, die aber themenorientiert sind und damit spezielle Interessengruppen regelmäßig zusammenführen. Zudem bietet es sich an, die Kinder und Jugendlichen bereits in dieser Weise zu binden, Veranstaltungen für sie anzubieten und durchzuführen, die sich in positiver Weise emotional in ihr Gedächtnis setzen. Denn zentral ist, dass der familiäre Zusammenhalt eine emotionale Dimension ist; es ist die Gefühlsbasis für die wachsende Unternehmerfamilie, die von Vertrauen, Freude und Stolz bezüglich der Zugehörigkeit zu dieser Familie geprägt sein sollte, mithin diese und ähnliche Gefühle bei den Familienmitgliedern anregt.

  • Das Displaying Family verweist schließlich auf die Inszenierung der Familie und ihrer Zugehörigkeit nach innen und außen. Eine Familie ist eine exklusive Gemeinschaft, also ein soziales System mit festen Zugehörigkeitsregeln, die etwa über Verwandtschaft und Partnerschaftsbeziehungen realisiert werden. Diese Zugehörigkeit ist bestenfalls mit positiven Emotionen aufgeladen und strebt danach, gesehen zu werden. Im Betrachten der familiären Zugehörigkeit, etwa auf Fotos oder in Filmen sowie auch auf Familienstammbäumen bzw. Genogrammen, wird die Zusammengehörigkeit der Familie in Szene gesetzt. Dies gibt Sicherheit nach innen und nach außen. Es schafft also für die Familienmitglieder eine Bestätigung hinsichtlich der Gemeinschaft. Für die Mitarbeiter, Kunden und regionalen Akteure eines Familienunternehmens stiftet die Vermittlung des Familienzusammenhalts auf Fotos, Filmen und auch über die Nutzung des Familiennamens als Firmenname eine Möglichkeit der positiven Bezugnahme, die bestenfalls mit Vertrauen und Zuversicht einhergeht sowie diese Gefühle bestätigt und festigt.


Wie kann nun eine solches Doing Business Family als anhaltendes Familienmanagement der Unternehmerfamilie realisiert werden? Diese Frage sollte sich jede (insbesondere wachsende) Unternehmerfamilie stellen? Da sich das Balancemanagement, das Schaffen von Zusammenhalt und das Displaying Family nicht von selbst verstehen, erscheint es ratsam, dass Personen bestimmt werden, die das Kümmern in dieser Hinsicht, also das professionelle Familienmanagement übernehmen. Dies sind bestenfalls Familienmitglieder mit ausgeprägten psycho-sozialen bzw. pädagogischen Kompetenzen. Denn letztlich ist Familienmanagement in wachsenden Unternehmerfamilien genau das: eine anspruchsvolle sozialpädagogische Tätigkeit, die maßgeblich dafür sorgt, dass Familienunternehmen durch den Zusammenhalt der Unternehmerfamilie so emotional eingebettet sind, dass die Kreativität und Schaffenskraft des transgenerationalen Unternehmertums gesichert bleiben.


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[1] Vgl. grundsätzlich dazu Karin Jurczyk, Andreas Lange, Barbara Thiessen (2010) (Hrsg.): Doing Family - Familienalltag heute. Juventa, Weinheim.


[2] Vgl. dazu unseren aktuellen Praxisleitfaden: Tobias Köllner/Heiko Kleve (2023): Doing Business Family. Wie Unternehmerfamilien Identität, Sinn und Zusammenhalt herstellen. Praxisleitfaden. Witten: WIFU Stiftung.


[3] Vgl. ausführlicher dazu Heiko Kleve (2021): Kommunikation in der Unternehmerfamilie. Methoden professioneller Gesprächsführung für ein gelingendes Verstehen. Witten: WIFU Stiftung.