Austausch
Der Attentäter von Halle steht vor Gericht. Er scheiterte mit seinen selbstgebauten Waffen glücklicherweise an der Eichentür der Synagoge. Seine Vorbilder sind die Attentäter von Utøya, Oslo, Christchurch und vom Münchner Olympia-Einkaufszentrum. Er nutzt das mediale Echo dieser Mordtaten. Er studierte die ideologische Hinterlassenschaft seiner Idole. Und er stellt sich am Magdeburger Landgericht täglich viele Minuten dem Blitzlichtgewitter der Fotografen. Bei seinen hasserfüllten Einlassungen lächelt er überlegen. Dieses Lachen hat die Vernehmungsbeamten nach der Tat immer wieder irritiert. Es ist das Lachen des Herrn über Leben und Tod. Er möchte ganz offenbar einen Auftrag weitergeben, so wie er ihn empfangen hat von seinen Vorgängern. Man müsse auch Kinder töten, sagt er nebenbei. Namentlich aber steht Aneta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung: "ganz oben auf meiner Feindesliste." Er und seine Vorbilder hängen einer Verschwörungstheorie an, mit der sie ihre Untaten rechtfertigen. Deshalb heute:
Austausch
»Der große Austausch bezeichnet einen schrittweisen Prozess, durch den die heimisch angestammte Bevölkerung durch außereuropäische Einwanderer verdrängt und ausgetauscht wird [...], ganz Europa (ist) in einer demografischen Krise, wonach unsere Völker durch sinkende Geburtenraten bei gleichzeitigem Wachstum islamischer Parallelgesellschaften und Masseneinwanderung zur Minderheit in den eigenen Ländern wird (sic!).« Schuld ist auch »die Selbstabschaffungsideologie von Multikulti«. (Siehe: https://www.identitaere-bewegung.de/faq/... 10.11.2019)
Großer Austausch, Le grand remplacement, wird 2013 als Kampfparole durch den französischen Schriftsteller und Theoretiker Renaud Camus in die politische Debatte eingeführt. Er prognostiziert eine Dominanz muslimischer Bevölkerungselemente in Europa und seine déculturation. Camus gilt als Vordenker des Front National (jetzt Rassemblement National) und ist sehr einflussreich bei den deutschen und österreichischen Identitären.
Martin Sellner, ein Vordenker dieser Identitären im deutschen Sprachraum, beschreibt ausführlich und in geradezu hymnischer Begeistertheit, wie es zur Übernahme der französischen Parole in ihrer deutschen Fassung kommt:
»Ein Begriff muss in der Lage sein, die metapolitische Debatte zu überwölben. Das heißt: sich als Überbegriff für viele andere zu etablieren. Er muss zum Verständnishorizont und zur Metaerzählung werden. [...] Bis dahin hatten wir vor allem eine positive Zielbestimmung, den ›Erhalt der ethnokulturellen Identität‹, angesetzt. Unsere ›Feindbegriffe‹ zergliederten sich in Masseneinwanderung, Islamisierung, Demografiekollaps [...]. Uns fehlte jedoch der entscheidende Sammelbegriff [...], uns fehlte, was die Kommunisten im ›Kapitalismus‹ hatten, was die Moslems im ›Westen‹ haben: ein klares Feindbild. Statt ›remplacement‹ wörtlich mit ›Ersetzung‹ zu übersetzen, wählten wir das klingendere ›Austausch‹ [...], eine bewusste Anspielung auf die Phrase vom ›kulturellen Austausch‹, die zum Grundvokabular der BRD-Sprache gehört« (Camus 2016, S. 190 f.).
Und weiter:
»Wir wissen genau, dass die Masseneinwanderung Teil eines globalen Zerstörungsfeldzugs gegen alle Völker und Kulturen ist. Wir wissen genau, dass es die eigene Dekadenz und der liberalistische Werteverfall sind, die Europa erst sturmreif für die Invasion der Fremden gemacht haben. Wir wissen vor allem, dass der eigentliche ›Feind‹ im eigenen Land sitzt, dass unsere Eliten, die uns fortgesetzt verraten, sowie unsere Intelligenz, die sich im Ethnomasochismus suhlt, die eigentlichen Urheber der Misere sind« (ebd., S. 192).
Der 30 Seiten umfassende Text bietet einen erhellenden Einblick in die Gedankenwelt eines Rechtsintellektuellen und Strategen. Sellner führt darin weiter aus, dass die jetzt lebende »die letzte Generation« sei, die noch mehrheitlich von Indigenen bestimmt werde:
»Gerade jetzt kommt ein verschüttetes Selbstbewusstsein wieder zum Vorschein: Wir sind ein Volk. Wenn wir ein Volk bleiben wollen, müssen wir jetzt aufstehen« (ebd., S. 221).