Schrumpfendes Wachstum

Schrumpfendes Wachstum


von Heiko Kleve


 


Wir haben heute einen nächsten Zwischenrufer, und zwar Prof. Dr. André Reichel, der sich in seinen Arbeiten u.a. mit den Fragen befasst, ob und wie unsere Gesellschaft aus ihrer Wachstumsdynamik befreit werden kann. Insbesondere das Wirtschaftssystem scheint grundsätzlich auf Expansion angelegt zu sein. Dem folgt auch die Politik. Sie versucht alles dafür zu tun, dass Produktion und Konsum, dass Angebot und Nachfrage zunehmen. Dann sprudeln die Steuereinnahmen, und dem staatlichen Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit kann gefolgt werden. Das ist bestenfalls zum Nutzen für diverse Bevölkerungsschichten, für nahezu alle Bereiche der Gesellschaft. Der Wohlstand steigt.


Was dabei vergessen wird, so die Wachstumskritiker*innen, ist die Natur mit ihren begrenzten Ressourcen sowie ihrer limitierten Möglichkeiten, die Abfallprodukte der expansiven Wirtschaft aufzunehmen bzw. zu verwerten. So wird bereits seit Jahrzehnten ein Stopp des Wachstums gefordert, ein Umsteuern dieser destruktiven wirtschaftlichen Dynamik.


Für André Reichel ist nun auch das Coronavirus ein Effekt dieser ökonomischen Wachstumslogik. Im Zuge der immer enger werdenden Lebensräume von Menschen und Tieren komme es vermehrt zu dem, was die Expert*innen Zoonosen nennen, das Überspringen von tierischen Viren auf Menschen. Genau das ist jetzt passiert.


In Anlehnung an Ulrich Beck und Niklas Luhmann, können wir zwischen Risiken und Gefahren unterscheiden. Während Gefahren von außen kommen, natürliche Prozesse (etwa Erdbeben oder Flutwellen) meinen, die Menschen quasi von außen treffen, auf die sie, um zu überleben, reagieren müssen, sind Risiken von der menschlichen Gesellschaft selbst produziert. Ein Risiko erwächst aus einer menschlichen Entscheidung, mit der etwas ganz Bestimmtes intendiert wird (etwa Wirtschaftswachstum), das aber zugleich nicht gewollte Nebeneffekte mit produziert (letztlich also auch die Gefahr einer Zoonose).


Was halten unsere Protagonisten, Fritz Simon und Steffen Roth, nun von einer solchen Theorie. Gehen sie mit der Analyse von Reichel mit, dass die expansive Dynamik der Wirtschaft ein grundsätzliches Problem ist? Sind wir möglichweise an einer Zeitenwende angelangt, wie auch Birger Priddat in einem Blog-Beitrag diagnostizierte, einer Epoche, in der das Ideal der Wachstumskritiker, mithin Degrowth, über die Corona-Pandemie endlich Wirklichkeit werden kann?


 


 


Die Katze im Sack: Eine kurze Polemik zu Corona als systemischer Katastrophe


von André Reichel


Das Coronavirus Sars-CoV-2 und die dadurch ausgelöste schwere Atemwegserkrankung Covid-19 sind keine gesundheitlichen Phänomene, die in einem wie auch immer imaginierten Gesundheitssystem verarbeitet werden und dann »wird’s schon wieder«. Sicherlich ist richtig, dass mit über 300.000 Toten weltweit in nur zwei Monaten und einer Verbreitung von Infektionen und Todesfällen in so gut wie alle Länder, wir eine Pandemie vor Augen haben, wie es sie seit der Asiatischen Grippe 1957/58 nicht mehr gegeben hat. Weder Sars 2003 noch Ebola noch Zika haben in so kurzer Zeit so viele Menschenleben in so vielen, nämlich allen Weltregionen gekostet. Dennoch lässt sich meiner Ansicht nach die Covid-19-Pandemie viel besser als systemische Katastrophe verstehen, die über alle Teilbereiche der Gesellschaft hereingebrochen ist – und auch gesellschaftlich produziert wurde, nämlich als beständig größer werdendes Risiko.


Warum ist mir das wichtig? Weil ich von Anfang lesen konnte, dass die wirtschaftlichen Folgen von Corona nicht auf ein innerwirtschaftliches Problem zurückzuführen sind, also anders als bei der letzten Wirtschaftskrise 2008/2009, sondern eben auf einen gesundheitlichen Schock. Gleichermaßen ein externer Akt Gottes oder eine Natur »rot an Klauen und Zähnen«. Dieser angeblich externe Gesundheitsschock führt dann auch dazu, dass die Weltwirtschaft um wenigsten drei Prozent oder mehr kontrahiert – und dass nicht nur wie bei der Krise 2008/2009 vor allem im globalen Norden, sondern überall. Auch die Schwellenländer sind davon betroffen. Große Aufregung bei Ökonom*innen sorgt, wie auch schon vor über 10 Jahren, die Frage nach dem »Output Gap«, also der mittel- bis langfristigen Differenz des Wachstumspfads post-Corona gegenüber dem geschätzten Pfad ante-Corona. Dieser sei natürlich durch die bekannten wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen möglichst schnell zu schließen: aggressive Zentralbankpolitik durch weitere quantitative Erleichterung und niedrige Zinsen sowie massive Staatsausgabenprogramme zur Stützung des Konsums.


Dieses »Business as usual«-Denken bei den wirtschaftspolitischen Rezepten verkennt auf dramatische Weise, dass Corona eben nicht ein externer Schock ist, sondern innerwirtschaftlich wie innergesellschaftlich produziert wurde. Die ursprüngliche Übertragung des Coronavirus Sars-CoV-2 von einer Fledermaus auf ein von chinesischen Kleinbauern gehandeltes Wildtier wäre undenkbar gewesen, wären nicht ebendiese Kleinbauern durch die dramatische, von ausländischen Investitionen getriebene Industrialisierung der auf Wachstum getrimmten chinesischen Landwirtschaft von ihren Feldern und ehemaligen Erwerbsquellen verdrängt worden. Die britische Wissenschaftsjournalistin Laura Spinney formuliert ganz folgerichtig, dass es eine ganze Welt aus hochindustrialisierter, auf Wachstum und Effizienz ausgerichteter Landwirtschaft gebraucht hat, um diesen Virus zu erzeugen.


Ein kurzer Hinweis auf Ulrich Beck sei hier erlaubt. Mit seiner »Risikogesellschaft« hat Beck bereits 1986 aufgezeigt, woher der Wind weht. Die Risiken, mit denen wir es gerade im 21. Jahrhundert zu tun haben, sind keine externen Akte Gottes, sondern hausgemacht. Präziser formuliert: sie sind entlokalisiert in Zeit und Raum und an keine politischen Grenzen mehr gebunden; sie sind unkalkulierbar und stellen das unbekannte Unbekannte dar; sie sind damit auch nicht kompensierbar, sondern stellen uns vor eine binäre Entscheidung (und eben nicht mehr analog-ökonomische Nutzen-Kosten-Frage), ganz im Sinne Churchills Diktums vom »victory despite the costs«.


Wenn wir Beck weiterfolgen, dann wird auch deutlich, wie diese aus der Gesellschaft in Naturzusammenhänge ausschlagende Irritation, um ein wenig systemtheoretisch zu klingen, wieder zurückschlägt auf Gesellschaft und soziale Gefährdungslagen schafft. Ohne dramatische globale Wachstumsprozesse und Effizienzsteigerungen in allen Wirtschafts- und Lebensbereichen kein Sars-CoV-2 – und ohne diese auch keine globale Verbreitung und Covid-19-Pandemie. Nochmal weitergedacht: ohne die Effizienzlogik, die Wachstumsprozesse immer zu begleiten scheint, auch keine auf Effizienz getrimmten Gesundheitssysteme, die schlank an Kosten, aber ebenso schlank an Resilienzfähigkeit geworden sind und mit dem Ansturm an Kranken nicht mehr fertig werden konnten.


Dennis Meadows, der Leitautor der Studie »Limits to growth« von 1972, hat diesen Zusammenhang von Wachstum, Effizienz und mangelnder Resilienz kürzlich so formuliert: »The incentive to raise efficiency has been spurred by the fact that those who can produce and sell the same output with less input generally make greater profits. As a result, over the past century, there has been wholesale abandonment of resilient systems in favor of efficient systems – larger scale, less diversity, lower redundancy.« Und weiter argumentiert er: »Slowing growth in population and in consumption of materials and energy will not eliminate the problem. But it would reduce the pressure to increase efficiency and leave more possibility for increasing resilience.«


Damit ist endlich die Katze aus dem Sack: wir haben es bei Corona mit einer direkten Folge ungezügelter Wachstumsprozesse zu tun, der »Großen Beschleunigung« einer Vielzahl sozio-ökonomischer und ökologischer Trends, die untrennbar mit den mentalen Infrastrukturen des Wachstums (Harald Welzer) zu tun haben. Es ist dann nur noch ein kleiner Schritt zum Kapitalismus, wobei ich hier nicht in langweilige Kapitalismuskritik verfallen will. Eher schon auf die Alternativlosigkeit im politischen und wirtschaftlichen Denken, das sich keine Welt jenseits der Akkumulations- und Expansionslogik kapitalistischen Wirtschaftens mehr vorstellen kann. Ergänzend zum kapitalistischen Wirtschaften möchte ich auch hinzufügen: kapitalistischen Lebens. Die Grundidee des Kapitalismus ist ja nicht einfach nur Privateigentum an Produktionsmitteln, das haben in der Wissensgesellschaft alles Wissensarbeiter*innen. Vielmehr geht es mir um die Idee einer fortwährenden Akkumulation von Kapital und anderen Dingen und die fortwährende Expansion in… ja wohin eigentlich?


Mein »hot take« zu Corona ist also dieser: die Pandemie ist durch die Wachstumswirtschaft und ihr urkapitalistisches Prinzip von Akkumulation und Expansion produziert worden. Alle Maßnahmen zur Überwindung der Krise, die nicht wenigstens in Ansätzen versuchen damit zu brechen, werden die nächste Krise produzieren. Diese wird genauso eine unbekannte Unbekannte sein, mit unkalkulierbaren und nicht kompensierbaren Folgen. Oh, wenn es doch nur Perspektiven gäbe, die sich mit anderen Wirtschafts- und Lebensweisen jenseits des Wachstums befassen würden… *Postwachstumsökonomie, hüstel, hüstel*


Links und das


https://ourworldindata.org/coronavirus


https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2020/04/14/weo-april-2020


https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/mar/25/new-virus-china-covid-19-food-markets


https://www.boell.de/de/oekologie/publikationen-mentale-infrastrukturen-schriften-oekologie-11871.html


https://www.andrereichel.de/research/publications/


 


 


Pandemie als Chance?


von Fritz B. Simon


Die These André Reichels, dass die Corona-Krise eine Krise ist, die den Strukturen unseres (Welt-) Wirtschaftssystems kausal zugeschrieben werden muss, kann m.E. nur unterstrichen werden. Ich lese seine Kritik an der Wachstumsökonomie als Bestätigung meiner Ausgangsthese, dass das Wirtschaftssystem das politische System seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts - bis zur aktuellen Krise - dominiert hat. Allerdings würde ich nicht primär die Mechanismen des Kapitalismus dafür verantwortlich machen, sondern die mangelnde Regulierung von Märkten (was nicht dasselbe ist). Denn Märkte als soziale Systeme (=Kommunikationssysteme) folgen, wenn sie nicht angemessen reguliert sind, einer Eigenlogik, die mehr oder weniger zwangsläufig zu einer für die physische Umwelt (und dazu ist der menschliche Körper zu rechnen) fatalen, wirtschaftlichen Wachstumsdynamik führt, zur Monopolbildung und zur gesamtgesellschaftlichen Verstärkung sozialer Unterschiede.


Dass der Staat nun dank Corona aktiv geworden ist und sich über ökonomische Interessen hinweggesetzt hat, ist m.E. (wie früher schon betont) positiv zu bewerten. Die Chance der Krise ist, dass nunmehr weltweit Reformen in Gang gesetzt werden könnten, welche die vorhersehbaren Risiken reduzieren, die aus der Überantwortung der Verantwortung für gesellschaftliche Entwicklungen an Märkte (speziell die Finanzmärkte) resultieren. Allerdings ist zu befürchten, dass sich das politische System – bzw. die gerade aktuellen Regierungen – wieder dem Druck der Wirtschaft beugen und der „Rückkehr zum Wachstum“ die Priorität geben.


Da einmalige Ereignisse weder von Individuen noch von sozialen Systemen als Lern-Anlass genutzt werden, steht zu befürchten, dass es mehrerer Pandemien bedarf, um ein Umsteuern einzuleiten. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu weiteren Pandemien kommt, ist aus medizinischer Sicht ziemlich groß. Ob das Anlass zu Optimismus oder Pessimismus ist, überlasse ich dem Urteil des Lesers.


 


 


Die Umwelt der Sozialwissenschaften


von Steffen Roth


 


In unseren letzten Beiträgen haben wir uns, durchaus zu meinem Leidwesen, mehrfach mit dem Spiel «Verschwörungstheorie» befasst.


In seiner einfachsten Variante funktioniert das Spiel ad hominem, indem man mit dem Finger auf Personen oder Gruppen zeigt (die mit dem Finger auf Personen oder Gruppen zeigen): So macht man als Verschwörungstheoretiker etwa diejenigen aus, die Bill Gates als Verantwortlichen für die Coronakrise ausmachen.


Auch wer koordinierte Interessen hinter einer Allianz von Organisationen wie Weltwirtschaftsforum, Gates-Stiftung und John-Hopkins-Universität vermutet, setzt sich dem Verdacht aus, einer Verschwörungstheorie Vorschub zu leisten.


Wie verhält es sich dann mit Theorien, die ein bestimmtes Funktionssystem «kausal» für eine globale Pandemie verantwortlich machen?


Nun, in dem Fall befindet man sich mitten im Mainstream und wohl auch deshalb in bester Gesellschaft, weil man nun mit dem Finger auf sich selbst zeigt. Mit einem Mal ist man Teil der anonymen Verschwörung und muss sich als Ferienhausbesitzer, Vielflieger, Smartphone-Käufer und Fleischesser nicht nur gründlich selbst misstrauen, sondern sich auch heute für horrende Todeszahlen und morgen für die drohende Selbstauslöschung der Menschheit verantwortlich machen lassen.


Wie weltbekannt funktioniert dieses funktionale Blame Game besonders gut mit Wirtschaft, just weil es sich bei diesem System – seit jeher, möchte man meinen – um den idealen Indexpatienten handelt. Mal, weil die Wirtschaft wächst, und mal … ganz im Gegenteil. Im Grunde also, weil es eben der Indexpatient Wirtschaft ist.


Unter dem Beifall Fritz Simons, klinkt sich mit André Reichels Polemik die Idee der Gesamtverantwortung der Wirtschaft daher auf eine für den Leser sehr anschlussfähige und für beide Autoren recht gefällige Weise ins Geschehen der Coronakrise ein. Zwar ist in Reichels Überschrift von «Systemkrise» zu lesen, der Rest seines Texts lässt aber keinen Zweifel: es geht um (allenfalls noch falsche Politik gegenüber der) Wirtschaft.


Dem Ernst des Anliegens entsprechend wird Reichels Theorie «rot an Klauen und Zähnen» eingeführt: Die Sterbezahlen werden dramatisiert, indem man den Beobachtungszeitraum auf zwei Monate schrumpft (erste Coronavirus-Fälle in Europa gab es allerdings bereits Ende Dezember, was die Zahlen eigentlich mit durchschnittlichen Infektionswellen vergleichbar macht); und natürlich stammt das Virus von einer chinesischen Fledermaus, die letztlich aufgrund von Auslandsdirektinvestitionen nicht artgerecht behandelt wurde, und sicher nicht von irgendeinem niederländischen Nerz. Überhaupt weiss man bereits genug, als dass man die neue Krise ungehemmt mit seiner alten Lieblingskrise verbinden und für beide die wachstumsorientierte Weltwirtschaft verantwortlich machen kann.


Woher weiss man all das aber? Manches aus den aktuellen Medien, aber das Meiste aus einem Ü50-Jahre alten Diskurs, in dem die Umwelt der Gesellschaft so konsequent mit Natur verwechselt wird, dass uns das Umweltkonzept der Naturwissenschaften heute ganz natürlich als Massstab aller gesellschaftlichen Ereignisse erscheint.


Diese reduktionistische Perspektive auf Umwelt und Gesellschaft ignoriert dann ebenso konsequent, dass ökologisches Denken im Sinne der Limits to Growth die vielgescholtene Wirtschaft gar nicht limitieren kann, sondern durch seine immer schärfere Beobachtung «natürlicher» Knappheitslagen ironischerweise das Grundprinzip der Wirtschaft (bzw. dessen «Kontingenzformel» Knappheit) auf die Spitze treibt.


Insofern lässt sich von einer Überwindung ökonomischer Zwänge und ähnlich gelagerten «Chancen» auch in dieser Krise nicht mal träumen, solange sich die eigene wachstumskritische Beobachtung unreflektiert an Wirtschaft hält. Jeder Versuch, weniger von dem zu beobachten, das man beobachtet, verschärft Probleme und verhindert Lösungen.


Wenn man es ernst meint mit einer «Postwachstumsgesellschaft», dann nimmt man besser den Blick vom Indexpatienten Wirtschaft. Man hört auf, das «Verhalten» eines Funktionssystems zu skandalisieren. Erst recht schiebt man diesem Funktionssystem nicht neue Probleme von pandemischen Ausmassen zu.


Stattdessen fragt man sich, Stichwort: Kommunikation, als Sozialwissenschaftler zur Abwechslung mal nach dem Umweltbegriff der Sozialwissenschaften. Rasch schweift dann ein anderer Blick in eine Umwelt der Wirtschaft, welche nun nicht mehr zuvorderst Natur ist, sondern «intern» Markt und «extern» auch Arena, Öffentlichkeit oder Schöpfung. In diesem erweiterten Kontext beschreibt «Postwachstumsökonomie» dann vielleicht eine Situation, in der wir Wachstum nicht mehr im Kurzschluss mit Wirtschaftswachstum assoziieren, sondern mehr am Wachstum von nicht-ökonomischen Funktionssystemen wie Religion, Erziehung, oder doch wieder Politik interessiert sind.


Denn auch aus dieser multifunktionalen Wachstumsperspektive stellt sich die Frage, ob die Idee einer Postwachstums- oder gar «Degrowth»-Ökonomie mehr Ausdruck ist als wirklich vereinbar mit einer Inflation von Selbst-/Ansprüchen an einen Wohlfahrtsstaat, dem man – nach immer massiveren Interventionen für Armutsbekämpfung, Gleichstellung und brandaktuell Gesundheit – nun auch noch einen Green New Deal auf den immer längeren Wunschzettel schreibt. Denn eigentlich – und so wird man sich mit André Reichel vielleicht doch noch einig – müssten auch und gerade postwachstumsökonomische Staaten eher schlanke Staaten sein, die sich steigende Investitionen in die Gesundheit eines Volkes oder gar eines Planeten entweder nicht leisten können oder nicht leisten brauchen.


 


 


 


Autoren


 


Heiko Kleve, Univ.-Prof., Dr. phil.; Sozialpädagoge und Soziologe sowie Systemischer Berater (DGSF), Supervisor/Coach (DGSv), Systemischer und Lehrender Supervisor (SG), Case-Manager (DGCC) und Konflikt-Mediator (ASFH); Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Organisation und Entwicklung von Unternehmerfamilien am WIFU – Wittener Institut für Familienunternehmen, Wirtschaftsfakultät, Universität Witten/Herdecke. Autor zahlreicher Bücher und einschlägiger Fachbeiträge zur systemisch-konstruktivistischen, systemtheoretischen und post- modernen Theorie und Praxis in den Sozialwissenschaften u. a.: Lexikon des systemischen Arbeitens (2012, zus. mit Jan V. Wirth) Die Ermöglichungsprofession. 69 Leuchtfeuer systemischen Arbeitens (2019, zus. mit Jan V. Wirth), Komplexität gestalten. Soziale Arbeit und Case-Management mit unsicheren Systemen (2016).


André Reichel, Professor für International Management & Sustainability an der International School of Management (ISM). Er ist Diplom-Kaufmann und hat an der Universität Stuttgart in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften promoviert. Vor seiner Tätigkeit an der ISM war er Professor an der Karlshochschule International University, Research Fellow an der Zeppelin Universität und Gastdozent am Environmental Change Institute der University of Oxford. Er ist zudem ehrenamtlicher Vorstand der elobau-Stiftung in Leutkirch im Allgäu und Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS GmbH). Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich einer nachhaltigen Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft, den betriebswirtschaftlichen Implikationen einer Postwachstumsökonomie, der Verschmelzung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie einer systemtheoretischen Betrachtung gesellschaftlicher Transformationsprozesse.


Steffen Roth, Prof. Dr. ist Full Professor für Management an der La Rochelle Business School, Frankreich, und Adjunct Professor für Wirtschaftssoziologie an der Universität Turku, Finnland. Seine Arbeiten wurden in Zeitschriften wie Technological Forecasting and Social Change, Journal of Business Ethics, Administration and Society, Journal of Organizational Change Management, European Management Journal, Journal of Cleaner Production oder Futures publiziert.


Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke; Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut; Mitbegründer der Simon, Weber and Friends, Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 32 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2018) und Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht! (2019).