Warum die AfD „erfolgreich ist“ …

Hört man die Vertreter der CDU/CSU und der FDP, so wollen sie gern „Habecks Heizungsgesetz“ (eine eh unangemessene Bezeichnung) dafür verantwortlich machen, dass die AfD aktuell in Umfragen zulegt. Doch das ist Unsinn. Denn denjenigen, die angeben, die AfD wählen zu wollen, geht es nicht um Inhalte. Die AfD – diese Gurkentruppe – verspricht keinerlei Inhalte oder Programme, die für irgendjemanden, der einen Intelligenzquotient über 25 hat, attraktiv sind oder sein könnten (auf die Einzelheiten einzugehen, erübrigt sich). Und das wissen auch diejenigen, die ihr ihre Stimme geben oder versprechen. Die sind ja nicht wirklich blöd.


Den „Aufstieg“ der AfD auf irgendwelche Inhalte zurückzuführen, belegt einen eklatanten Mangel an Wissen über das Funktionieren sozialer Systeme, speziell über Kommunikationsprozesse (hallo Herr Merz!). Die Unterscheidung von Inhalts- und Beziehungsaspekt der Kommunikation dürfte hier besonders wichtig sein. Denn es sind Gründe, die auf der Beziehungsebene liegen und nicht auf der von Wärmepumpen oder Wasserstoffautos. Die potenziellen AfD-Wähler wissen, dass sie keine wirkliche inhaltliche Alternative darstellt (ob mit oder ohne Substanz).


Wer die AfD favorisiert, tut dies aus Staatsverdrossenheit. Und das ist weit gefährlicher als Protest gegen spezielle Gesetze oder Verordnungen, Verbote oder Gebote. Denn diese Staatsverdrossenheit eröffnet den Weg zur Diktatur. Hier ist m.E. die Erkenntnis von Hannah Arendt von Bedeutung. Sie schreibt in ihrer Totalitarismus-Analyse:


„Man hat in den letzten Jahren, vor allem im Ausland, so oft das törichte Vorurteil nachgebetet, daß die Nazidiktatur aus einer typisch deutschen, gar noch hegelianischen »Staatsvergötterung« zu erklären sei, daß selbst Historiker manchmal übersehen, daß eine totalitäre Bewegung umgekehrt nur möglich ist, nachdem ein völliger Zusammenbruch nicht nur der »Staatsvergötterung«, sondern ganz gewöhnlicher staatsbürgerlicher Gesinnung stattgefunden hat.“ [Hannah Arendt (1951): Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München (Piper) 24. Aufl. 2022, S. 122]


Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie fatal die Strategie der FDP (die vom Kanzler und der SPD geduldet wird) ist, sich durch Streit mit den Grünen ein paar halbe Prozentpunkte bei den Umfragen zu erobern. Denn, wenn die Regierung sich streitet, dann geht das Vertrauen in die Kompetenz der Regierung und damit des Staats flöten. Analoges gilt für die CDU/CSU, die einen Kulturkampf gegen die Regierung, speziell die Grünen, statt einer politischen Auseinandersetzung zu suchen scheint.


Vor dem Hintergrund der zitierten Einsicht Hannah Arendts wird auch erklärbar, warum die AfD so populär in den deutschen Ostländern ist: Die Staatsverdrossenheit, die in der DDR in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet war, findet in der Unzufriedenheit mit dem Staat BRD seine Fortsetzung. Und auch „staatsbürgerliche Gesinnung“ konnte in der DDR nur schwer erworben werden. Dass sie heute der BRD gegenüber gezeigt wird, kann man auch nicht behaupten, ja, wahrscheinlich nicht mal erwarten.


Und das ist nun mal leider der Boden, auf dem Diktaturen wachsen… Starke Männer versprechen dann einen starken Staat, der alles regelt, was jetzt im Argen zu liegen scheint. Wenn es ihm gelingt (Propaganda), entsprechende Idealisierungen auf sich als Person zu ziehen, dann kann auch ein mittelmäßiger Mensch – ohne besondere intellektuelle Qualitäten oder „Charisma“ – (wie z.B. Stalin) Mehrheiten finden.


Die Geschichte wiederholt sich leider doch manchmal, und nicht unbedingt als Farce.