autobahnuniversität / Heinz von Foerster - Kybernetische Reflexionen

Wie und warum sind die legendären Macy-Konferenzen zur Erforschung von Kybernetik und zur theoretischen Weiterentwicklung systemischen Denkens eigentlich entstanden? Was zeichnete die Protagonist:innen – u. a. Margaret Mead, Gregory Bateson, Norbert Wiener, Warren McCullough, Ross Ashby – besonders aus? Was waren die Aufgaben, und was machte die ungeheure Kreativität und Wirkung dieser Gruppe aus?


Der gleichfalls legendäre Physiker und Epistemologe Heinz von Foerster erzählt es auf seine unnachahmlich witzige und charmante Weise in einem Vortrag, den er zum wiederum legendären Heidelberger Kongress „Das Ende der großen Entwürfe“ Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts vor einem großen, begeisterten und zugleich äußerst amüsierten Publikum hielt. Die Autobahn-Universität dokumentiert hier ein Paradebeispiel fröhlicher Wissenschaft, bei allem denkerischen Ernst und Schliff, der sich aber ja gerade über Humor besonders eindrücklich vermitteln kann. Der Vortrag bietet, neben vielen spannenden und wenig bekannten biographischen Details, die Präsenz eines Denkstils und einer wissenschaftlichen Haltung, die man beide mit vollem Recht als vorbildlich bezeichnen kann. Der Heidelberger Kongress richtete sich in erster Linie an Psychotherapeut:innen. So ging Heinz von Foerster auch von der Frage aus, welche Perspektiven aus der Produktion von Theorien (etwa Poppers Falsifikationsprinzip) sich für psychotherapeutische Belange eher eignen würden und welche eher nicht – insbesondere im Hinblick darauf, was Klient:innen brauchen.


Die kybernetische Grundidee Zirkularität wird besonders hervorgehoben. Karl Ludwig von Bertalanffy hatte als erster begonnen, mit dem systemtheoretischen Fokus auf natürliche Prozesse zu schauen, und kam zu neuen, bis dahin kaum für möglich gehaltenen Ergebnissen. Ausgehend von dem Verständnis von „Theorie“ als tätige Schau und Beobachtung, führte der Psychiater Ross Ashby als Teil der Macy-Gruppe, der bis zu Ashbys Erscheinen vor allem Naturwissenschaftler:innen, Mathematiker:innen und Anthropolog:innen angehört hatten, den Gedanken der Einschließung des Beobachters in das beobachtete System ein. Das war ein bedeutender weiterer Schritt, der sich als enorm fruchtbar auch für die Entwicklung neuer und hilfreicher Zugänge zum Verstehen und Gestalten systemisch-therapeutischer Prozesse erwiesen hat.


Heinz von Foerster Publikationen wie Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners (mit Bernhard Pörksen), Wie wir uns erfinden (mit Ernst von Glasersfeld) oder Teil der Welt (mit Monika Bröcker) lassen seine geistige Frische und Innovationskraft in jeder Zeile erfahren. In diesem Vortrag wird sie hörbar. Wer Heinz von Foerster erlebt und gehört hat, hört ihn dann förmlich auch beim Lesen. Es lohnt sich unbedingt.


Heinz von Foerster (1911–2002) war nach dem Studium der Physik in Wien in verschiedenen Forschungslaboratorien tätig, bevor er 1949 in die USA übersiedelte. An der Universität von Illinois gründete er das inzwischen legendäre Biologische Computer-Laboratorium – die Wiege jener Erkenntnistheorie, die später unter der Bezeichnung „Konstruktivismus“ für Aufsehen sorgen sollte. 


Beim Mund-Nasen-Schutz bleiben die Ohren frei! Also: Ob im Auto oder mit der Maske in der großen weiten Welt: Kopfhörer auf und Autobahnuniversität hören! Jeder Stau bringt Sie weiter.


Und, wo es geht, die freien Augen und den freien Geist nutzen: Carl-Auer Bücher lesen!