Genderwahn

Genderwahn und Genderwahnsinn sind Kampfbegriffe der Neuen Rechten. Beide Ausdrücke wurden geprägt von dem Abgeordneten Karlheinz Klement von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Er beklagt im Österreichischen Nationalrat (Bundesparlament) während der Debatte über ein Gesetz zur Gleichstellung der Geschlechter am 6. Juni 2008 auch die geplanten Umerziehungsmaßnahmen (Umerziehung) der Wiener Bundesregierung.


Die von der Europäischen Union angestrebte Gleichstellung der Geschlechter basiert auf der UN-Menschenrechtscharta vom 10.12.1948, in der es heißt: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.«101 »Männer und Frauen sind gleichberechtigt«, sagt das »Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland« seit 1994 in Artikel 3102. Und weiter (ebd.): »Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.« Die Genderpolitik basiert nicht, wie häufig unterstellt, auf einer angenommenen Gleichartigkeit aller Menschen und will sie auch nicht alle künstlich gleichmachen, wie Rechte immer wieder formulieren.


Sie will die Nachteile vorfindlicher Verschiedenheit ausgleichen und allen eine faire Chance geben.


Für Rechte gibt es erstens nur zwei Geschlechter, nicht mehrere. Zweitens haben Frau und Mann biologisch vor- und festgeschriebene verschiedene Rollen, welche die Gesellschaftspolitik abbilden und festigen soll – anstatt sie verändern zu wollen. Bemühungen um Chancengerechtigkeit werden als Ausdruck einer heterophoben, also homophilen und menschenfeindlichen Ideologie und als Gleichmacherei oder gar Geschlechtergleichschaltung diffamiert.Gleichschaltung ist aber der offizielle Begriff für die zwangsweise Reorganisation aller Bereiche von Politik, Gesellschaft und Kultur gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen im Jahre 1933. Nach dieser Logik ist also, wer sich für Frauenrechte einsetzt, ein Faschist oder Nazi.


Explizit gemacht wird diese Unterstellung dann durch den Begriff Genderfaschist oder auch Gender-Faschist.


Diese Umwertung der Begriffe ist typisch für die aktuelle Rechte. Sie hat prophylaktisch immer den Nazi-Vorwurf in der Tasche, wenn sie sich selbst in die Nähe zur NS-Ideologie begibt (Nazikeule). Dies drückt sich auch – besonders abstrus – im gelegentlichen Vorwurf des Toleranzfaschismus aus.


Rechte berufen sich also gern auf Rollen, die die Natur uns Menschen vorgäbe. Die Geschlechterrollen sind aber in der Natur keineswegs durchgängig klar: Die bunt gefärbten Weibchen der nordeuropäischen Odinshühnchen legen zwar die Eier, aber die schlichtgrauen Männchen brüten sie aus und führen die Jungen bis zur Selbstständigkeit. Da sind die Damen längst im Winterquartier an der Adria oder in Peru (Glutz von Blotzheim 1986, S. 669).105 Sowohl die äußere Erscheinung als auch das Verhalten widersprechen den geläufigen Regeln, auf die biologistische Ideologen sich gern berufen. Auch homosexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Tieren kommen vor: Zwei Storchenmänner paaren sich, und zum Schrecken der rechten Genderwahnkritiker stehlen sie ein Ei und brüten es aus. Im selben Jahr 2006 am gleichen Ort brüten zwei lesbische Weibchen zwei Eier aus. Alle viere ziehen ihre Küken erfolgreich groß.106 Hat doch der Bundesgesetzgeber tatsächlich vergessen, das bis dato geltende Adoptionsverbot für schwule Paare mit dem Zusatz zu versehen:


»Gilt auch für den Klapperstorch Ciconia ciconia (Linné 1758).«


Trost finden wir Männer in der Enzyklopädie WikiMANNia, die unter dem Motto arbeitet: »Stell dir eine Welt vor, in der jeder freie Mann feminismusfreies Wissen mit anderen teilen kann. Dies ist unser Auftrag. — Leitbild WikiMANNia.«