Eine ganz kurze Einführung in die professionelle Gesprächsführung

Gespräche, die in Organisationen zielgerichtet und themenbezogen, strategisch und rational geführt werden sollen, erfordern eine gründliche Vorbereitung und eine gekonnte Leitung. Sie setzen weiterhin einige zentrale kommunikationstheoretische Grundkenntnisse voraus, mit denen schließlich Basisregeln für das Verhalten von Gesprächsleitern, etwa Führungskräften einhergehen.


Kommunikationstheorie


Man kann nicht nicht kommunizieren. Kommunikationen lassen sich hinsichtlich einer Beziehungs- und einer Inhaltsebene unterschieden. So lauten zwei Axiome der pragmatischen Kommunikationstheorie (vgl. Watzlawick u.a. 1969).


Das erste Axiom macht deutlich, dass Kommunikation anläuft, sobald mindestens zwei Menschen sich wechselseitig beobachten. In dieser sozialen Situation der Interaktion kann von den Interaktionsteilnehmern jedes Verhalten als Kommunikation, als Mitteilung einer Information verstanden werden (vgl. Luhmann 1984, S. 191ff.). Die Auswahl des Mitteilungsverhaltens (neben Worten auch Gestik, Mimik, Körperhaltung, Tonlage etc.) und die Auswahl der Information dieser Mitteilung wird vom Beobachter bestimmt, also von dem, der versteht, der zuhört, der zuschaut etc. Genau aus diesem Grund ist Kommunikation nur sehr begrenzt einseitig steuerbar; sie bleibt mit Unvorhersehbarkeiten und Unsicherheiten aufgeladen, auch wenn sie noch so intensiv geplant wurde und strukturiert geführt wird. Denn – technisch gesprochen – der Sender (Mitteiler) einer Information kann niemals allein bestimmen, wie die Mitteilung einer Information vom Empfänger verstanden wird; ob und wie verstanden wird, legt letztlich der Empfänger fest.


Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gelingender Kommunikation beeinflussbar, und zwar durch die Beachtung des zweiten Axioms. Denn die Beziehungsebene der Kommunikation bildet einen wichtigen Rahmen (Kontext) für die Inhalte der Kommunikation. Es ist letztlich von der jeweiligen Beziehung zwischen den Gesprächspartnern abhängig, wie Mitteilungen, Informationen und Verstehensprozesse sich in Kommunikationen realisieren. Gesprächsführer sollten es schaffen, eine konstruktive, positive, förderliche, ja freundliche Beziehung zu den Teilnehmern des Gesprächs herzustellen. Denn dies erhöht die Wahrscheinlichkeit der förderlichen Kommunikation und ermöglicht es bestenfalls, auch Konflikt beladene, individuell belastende Themen konstruktiv zu besprechen.


Als besonders gesprächsförderliche Elemente, die mit der individuellen Haltung von Gesprächsführern einhergehen sollten, haben sich insbesondere die Phänomene Empathie, Kongruenz und Akzeptanz (vgl. Rogers 1942) herausgestellt. Empathie meint den Versuch, einfühlend zu verstehen. Einfühlendes Verstehen ist die Fähigkeit, neben den sachlichen Inhalten (Informationen) von Mitteilungen auch die emotionalen Ebenen, die dazu gehörigen Gefühle wahrnehmen und thematisieren zu können. Kongruenz bezeichnet die Fähigkeit, Verhaltensweisen zu zeigen, die authentisch, das heißt „echt“ sind und wirken. Hier geht es darum, eigene (angenehme, aber auch unangenehme) Gefühle und Gedanken gekonnt, das heißt für den konstruktiven Gesprächsverlauf förderlich in das Gespräch mit einzubringen. Akzeptanz macht die Notwendigkeit deutlich, dass Gesprächsführer, wenn sie förderliche, konstruktive Gespräche initiieren wollen, die Gesprächsteilnehmer wertschätzen, achten und annehmen sollten.


Basisregeln für das Verhalten von Gesprächsleitern


Ausgehend von den erläuterten kommunikationstheoretischen Erkenntnissen können zunächst folgende Basisregeln für die Gesprächsführung formuliert werden:



  • Sei dir bewusst, dass alles (nonverbale und verbale) Verhalten, das du zeigst, von den Teilnehmern des Gesprächs beobachtet und jeweils individuell verstanden, das heißt jeweils verschieden gedeutet werden kann.

  • Sorge für eine angenehme Gesprächsatmosphäre, indem du deine Sätze freundlich, zugewandt, ruhig und klar formulierst und den anderen Gesprächsteilnehmern aufmerksam zuhörst und sie bestenfalls nicht unterbrichst.

  • Beachte, dass die Inhalte der Kommunikation tangiert werden von der Beziehungsebene. Versuche eine Beziehungsebene herzustellen, die von allen Gesprächsteilnehmern als förderlich, konstruktiv und wohlwollend bewertet wird.

  • Versuche deine Gespräche empathisch, kongruent und akzeptierend zu führen. Sei dir bewusst, dass Empathie, Kongruenz und Akzeptanz bezüglich der Gesprächsteilnehmer entscheidende Variablen für einen konstruktiven Gesprächsverlauf sind.


Neben der Beachtung dieser grundsätzlichen Regeln haben die Gesprächsleiter die Aufgabe, dem Gespräch eine Struktur zu geben. Diese Struktur bezieht sich vor allem auf die Zeit- und die Sachdimension. Es geht darum, das Gespräch zu beginnen und zu beenden (Zeitdimension) und – gemeinsam mit den anderen Teilnehmern – die Gesprächsthemen zu bestimmen (Sachdimension). Der Beginn eines Gesprächs sollte mit einer einladenden Begrüßung und gegebenenfalls mit „aufwärmenden“ Worten, etwa mit Smalltalk markiert werden. Am Ende des Gesprächs ist es ratsam, die Ergebnisse des Gesprächs, eventuell getroffene Vereinbarungen etc. noch einmal knapp zusammenzufassen.


Bedeutend für den konstruktiven und förderlichen Verlauf von Gesprächen ist jedoch vor allem die Strukturierung des Gesprächsverlaufs. Der Gesprächsleiter sollte zwei wesentliche, für die Struktur von konstruktiven Gesprächen sehr förderliche Techniken beherrschen: das Paraphrasieren (auch genannt „Aktives Zuhören“ oder „Spiegeln“) und das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte.


Paraphrasieren ist eine Möglichkeit, Verstehensprozesse zu initiieren, und zwar dadurch, dass der Gesprächsleiter das, was er jeweils von den anderen Gesprächsteilnehmern verstanden hat, mit eigenen Worten zusammenfassend wiederholt. Dies ermöglicht den Teilnehmern Zustimmung, Widerspruch oder Ablehnung; es bringt entweder das Gespräch voran, initiiert das Übergehen zu neuen Themen oder schafft Möglichkeiten, Themen noch einmal zu besprechen, weil bestimmte Aspekte zu wenig klar oder uneindeutig sind.


Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte ist vergleichbar mit dem Paraphrasieren, bezieht allerdings die emotionalen Ebenen der Teilnehmer mit ein. Der Gesprächsleiter versucht dabei, nicht nur den semantischen Teil der Kommunikation, die Bedeutungsebene zu verstehen und zu verbalisieren, sondern auch die Gefühle der Gesprächsteilnehmer. Bei besonders emotional bewegenden Themen kann ein Gespräch für die Beteiligten in der Regel konstruktiver und förderlicher geführt werden, wenn der Gesprächsleiter in der Lage ist, die Gefühle, die seine Gesprächspartner bewegen, anzusprechen und auf diese einzugehen.


Neben den beiden erläuterten Basistechniken, sollten Gesprächsleiter wissen, dass vor allem offene Fragen den Gesprächsfluss anregen. Bei offenen Fragen (z.B. „Ist es möglich, dass Sie mir mehr davon erzählen?“; „Was gehört aus Ihrer Sicht noch zu diesem Thema?“) verzichtet der Gesprächleiter auf die Vorgabe von Antwortalternativen und überlässt es ganz den Gesprächsteilnehmern, wie sie auf die gestellten Fragen antworten. Die Antworten, die offene Fragen genieren, können weitere offene Frage herausfordern („Sie haben mir jetzt eine Liste von Punkten genannt, über welche der genannten Punkte möchten Sie jetzt ausführlicher sprechen?“).


Schließlich sei auf eine Grundhaltung verwiesen, die besonders wichtig ist, wenn der Gesprächsleiter mit mehr als einer Person ein Gespräch führt: die Allparteilichkeit. Allparteilichkeit ist die Fähigkeit, mit Empathie, Kongruenz und Akzeptanz auf alle Gesprächsteilnehmer gleichermaßen zu reagieren. Besonders bei Gesprächen, in denen es um Konfliktvermittlung (Mediation) zwischen mindestens zwei verschiedenen Parteien geht, ist die Allparteilichkeit eine unverzichtbare Haltung, die erst das wahrscheinlich macht, was ein Konfliktvermittlungsgespräch versucht: die Konfliktparteien zu befähigen, eine einvernehmliche Konfliktlösung zu finden.


Gesprächsvorbereitung


Neben der Beachtung der erläuterten kommunikationstheoretischen Aspekte und der Beherrschung der genannten Haltungen und Techniken der Gesprächsführung, ist eine gründliche Vorbereitung eines jeden Gesprächs notwendig. Diesbezüglich sollten die sachlichen, zeitlichen und sozialen Aspekte des Gesprächs geklärt werden. Es sind also das Thema (Sachdimension), die teilnehmenden Personen (Sozialdimension) und die Länge (Zeitdimension) des Gesprächs im Vorfeld einzugrenzen. Des Weiteren ist es sinnvoll, sich über die Effektivität (Zielwirksamkeit) des Gesprächs Gedanken zu machen. Demnach könnten wichtige Fragen im Vorfeld sein: Welche Ziele verfolgen die Teilnehmer des Gesprächs? Sind diese Ziele bereits bekannt oder müssen sie während des Gesprächs expliziert werden? Wann, wie und durch wen können die Ergebnisse des Gesprächs festgestellt werden?


Des Weiteren sollten sich die Gesprächsleiter fragen, ob der Gesprächsort, der Raum, in dem das Gespräch stattfinden soll, den sachlichen, sozialen und zeitlichen Bedingungen angemessen ist oder ob ein anderer Raum organisiert werden müsste. Darüber hinaus ist die Sitzordnung für das Gespräch zu planen. Wenn es dem Gesprächsleiter wichtig ist, dass er einen bestimmten Sitzplatz einnimmt, dann sollte er dafür sorgen, dass dieser Platz auch für ihn reserviert bleibt, und dass beim Betreten des Zimmers kein anderer Gesprächsteilnehmer diesen Platz besetzt. Eine Möglichkeit wäre, dass der Gesprächsleiter einen Notizblock, einen Kalender etc. auf den Platz legt, um so zu signalisieren, dass dies sein Platz ist.


Abschließend bleibt festzuhalten, dass gute Gesprächsführer die Quadratur des Kreises in der Kommunikation zu realisieren verstehen, die darin besteht, zugleich offen und strukturiert zu sein. Denn strukturierte Offenheit (Hans Thiersch) ist das Prinzip, das alle beherrschen sollten, die im hochkomplexen Bereich des Zwischenmenschlichen, des Sozialen professionell agieren.


 


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Literatur


Luhmann, N. (1984): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.


Rogers, Carl R. (1942): Die nicht-direktive Beratung. München: Fischer (1972).


Watzlawick, P. u.a. (1969/1990): Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Bern: Huber.